Sonntag, 30. Mai 2021

Alte Donau – Übungsfeld für Ökologen oder Panausen

Bereits am Beginn des 20. Jahrhunderts treten in
der Alten Donau zeitweise Blüten pflanzlicher
Schwebalgen auf. Trotzdem war die Alte Donau bis
zu Beginn der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts
geprägt von klarem Wasser mit Sichttiefen bis zum
Gewässergrund und ausgedehnten Wasserpflanzenbeständen,
die einen wesentlichen Anteil an den
Nährstoffumsetzungen im Gewässer hatten, indem
sie dem Wasser grosse Mengen an Nährstoffen
entzogen. Vor allem Phosphor wird so aus dem
Kreislauf entfernt und durch Bindung an biogenes
Kalzium dauerhaft sedimentiert. Erst durch
menschlich bedingten Nährstoffeintrag kommt es
zunächst zu einem übermäßigen Wachstum und
schliesslich zu einem Zusammenbruch der höheren
Wasservegetation.
Ab 1992 liess sich eine erheblichen Verschlechterung
der Wasserqualität erkennen. Verbunden
damit war das massenhafte Auftreten von kleinen
fädigen Blaualgen, deren Algenblüte zu einer
bräunlichen Wasserfärbung und einer erheblichen
Reduktion der Sichttiefe beigetragen haben. Neben
der über die Jahre zu beobachtenden leichten Zunahme
der Konzentration an Gesamtphosphor und
-stickstoff im Freiwasser wurde der längerfristige
Durchschnitt des Wasserstandes um etwa 28 cm
angehoben. Auslöser für diese Veränderung waren
der Bau des Hochwasser - Entlastungsgerinnes
„Neue Donau“ sowie einer Autobahn parallel zum
Hauptstrom, was zur Verringerung der Dynamik
des Grundwassers um ca. 50% beitrug. Nach
Errichtung des Laufstauwerkes Freudenau‘ an der
Donau kam es zu einer abermaligen Erhöhung
des mittleren Wasserspiegel um zirka 30 cm. Eine
reduzierte Wasserstandsdynamik, bzw. ein dauernd
erhöhter Wasserstand kann als ein wesentlichen
Grund für den Niedergang der Makrophytenbestände,
wie dem Ährigen Tausendkraut, angesehen
werden.
Dazu kamen noch die viel zu hohe Wasservogeldichten,
die jährlich bis zu 194 Tonnen an Wasserpflanzen
abweideten und die intensive Nutzung
des Gewässers durch Erholungssuchende, die zur
Verschärfung der Situation beitrugen. So werden
an der Alten Donau an heissen Sommertagen bis
zu 200 000 Besucher gezählt. Diese sind in der
Badesaison (Mai bis September) für einen Eintrag
von rund 38 kg Phosphor verantwortlich.

In den siebziger und achtziger Jahren wurden in der
Alten Donau zusätzlich auch Graskarpfen (Amur)
ausgesetzt. Das genaue Ausmaß des Besatzes
lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Die jüngsten
Fangzahlen mit knapp einer Tonne pro Jahr weisen
auf einen immer noch erheblichen Bestand hin.
Die Graskarpfen dürften also zum Niedergang
des Makrophytenbestandes Anfang der neunziger
Jahre mit beigetragen haben und stehen nun einer
raschen Wiederbesiedlung mit Wasserpflanzen
im Wege. Im Jahr 1993 wurde ein umfassendes
Sanierungs- und Restaurierungsprogramm in Angriff
genommen, um die exzessive Entwicklung der
fädigen Blaualgen in der Alten Donau zu stoppen.
Zur Reduzierung der externen Nährstoffeinträge
wurde umgehend der Ausbau des Kanalnetzes
vorangetrieben. Zur Zeit liegt der Anschlussgrad in
den Kleingartensiedlungen bereits bei über 95 %.
Im Bereich der Altlast unter dem Donaupark zeigte
die Errichtung von Sperrbrunnen zur Abhaltung
des nährstoffreichen Grundwassers Erfolg, wobei
zu bedenken ist, dass eine zu starke Erhöhung des
Wasserstandes der Alten Donau diesen Erfolg wieder
zunichte machen könnte.
Mit Hilfe des Riplox-Verfahrens wurde dann
Phosphor, ein für das Wachstum von Algen essentieller
Nährstoff, aus dem Freiwasser chemisch
ausgeflockt und im Sediment gebunden. In einem
zweiten Behandlungsschritt wurde der Abbau von
organischem Material am Seeboden durch Nitratzugabe
zum Sediment beschleunigt. Seit dem
Ende der Behandlung zeichnet sich eine Stabilisierung
des Gewässers ab. Die Reduktion der
Algenbiomasse führten zu eine deutliche Zunahme
der Sichttiefen. Die Makrophyten reagierten auf
das verbesserte Lichtklima mit einem langsamen
Bestandsaufbau. Der hohe Fraßdruck durch die
Fische machte zusätzliche Maßnahmen zur Beschleunigung
unerlässlich, wobei eine teilweise
Reduktion bzw. Umstrukturierung der Fischpopulation
sicherlich positive Auswirkungen hätte.
Als ergänzende Maßnahmen wird die ursprüngliche
Wasserstandsdynamik durch künstliche
Simulation von Niederwasserständen im Frühjahr
wiederhergestellt, mit dem Ziel einer Vergrößerung
der möglichen Ausbreitungsfläche des, von Bootfahrern
und Schwimmern so ungeliebten Ährigen
Tausendkrautes. Dies wird durch eine ständige
Dotation des Gewässers im Ausmaß von 100 bis
500 l sec mit nährstoffarmen Wasser aus der Neuen
Donau erreicht, womit eine weitere Reduktion
der stofflichen Belastung und eine Erhöhung
der Sichttiefen erfolgte. Mit Hilfe der Mähboote
sollten, als weitere Maßnahme, nun die Macrophyten
abgemäht und damit weiterhin Nährstoffe
dem Wasser entzogen werden. Der Millionenteure
Erstversuch durch die Gemeinde Wien verrostet
ungenützt auf der Donauinsel, während die Mähleistung
derzeit mit hohen Kosten von einer privaten
Firma erbracht werden muss.
Der letzte Stand ist die Errichtung einer Basisstation in der Alten Donau für mehrere, mit Diesel betriebene Mähboote, was die unschätzbare Gefahr einer Ölverseuchung in sich trägt. Warum in Zeiten wie diesen keine Elektromähboote angeschafft wurden, ist nur sehr schwer zu verstehen.

Klaus Pahlich

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Zuletzt aktualisiert: 19. Jan, 15:57

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